Eigentlich war es ein großer Erfolg: Laut Angaben der Polizei waren 15.000 Menschen bei der Großdemo für Kohleausstieg und Klimagerechtigkeit nahe Lützerath, dem Dorf am Braunkohletagebau Garzweiler II, das von Aktivisten besetzt war und in den vergangenen Tagen geräumt und weitgehend abgerissen wurde. Die Veranstalter, darunter BUND, Campact, Greenpeace und Fridays for Future, sprachen sogar von 35.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Leider wird von dieser Demo aber nicht die große Anzahl friedlicher Demonstranten in Erinnerung bleiben, sondern die große Anzahl von Personen, die die Demonstration verlassen haben, um in Richtung Lüzerath zu ziehen und die Konfrontation mit der Polizei zu suchen.
Wir haben von all dem nichts mitbekommen. Wir sind um 14:30 Uhr umgekehrt – bis dahin waren wir noch nicht einmal bis zum Kundgebungsgelände vorgedrungen. Auf dem Rückweg kamen uns unzählige Polizeifahrzeuge mit Blaulicht entgegen. Da ahnten wir schon, dass etwas passiert war.
Leider haben die Veranstalterinnen und Veranstalter die Demo wohl bewusst eskalieren lassen.
Greta Thunberg sprach bereits vor der Veranstaltung, nämlich im Zusammenhang mit der Räumung von Lutzerath, von empörender Polizeigewalt. Der Polizeipräsident von Aachen, Dirk Weinspach, wies diese Vorwürfe zurück und bemängelt, dass Greta Thunberg nicht die Gelegenheit genutzt hat, sich selbst ein Bild der Vorgehensweise der Polizei zu machen.
Stellungnahme von Dirk Weinspach im mdr
Während der Demo waren ebenfalls Slogans gegen die Polizei zu hören. Was aber dem Fass den Boden ausschlug, waren die Äußerungen von David Dresen vom Veranstalter "Alle Dörfer bleiben". Nach übereinstimmenden Aussagen mehrerer Medien rief er die Demonstantinnen und Demonstranten dazu auf, nach Lützerath zu gehen. Jeder solle machen, was er für richtig halte. In bester Trump'scher Manier brachte er damit etwa 1000 Menschen dazu, sich mit der Polizei anzulegen und die Lage eskalieren zu lassen.
Und niemand von den Veranstaltern hat zur Mäßigung aufgerufen.
Wir haben das alles erst erfahren, als wir schon wieder zu Hause waren. Ich bin wütend und entsetzt. Diese Demo wird wegen der Ausschreitungen in Erinnerung bleiben, nicht wegen der überwältigenden Teilnehmerzahl.
Die Veranstalter wollen anscheinend nicht nur fürs Klima, sondern auch gegen den Rechtsstaat kämpfen. Denn ein Kampf gegen die Polizei ist ein Kampf gegen den Rechtsstaat – wer von der Polizei ernsthaft fordert, den Dienst zu verweigern und Gerichtsurteile nicht durchzusetzen, braucht in anderem Zusammenhang das Wort Polizeiwillkür gar nicht erst in den Mund zu nehmen. Wer von Seiten der Klimabewegung mit den Anarchisten flirtet, ist auch nicht besser als Politiker des konservativen Lagers, die mit den extremen Rechten liebäugeln – und wird die gesellschaftliche Mitte sicher nicht mobilisieren können.
Somit haben die Veranstalter auch der Sache einen Bärendienst erwiesen.