Der Coronavirus hat die Welt im Griff, und wir lernen sehr viel dabei. Die Abkürzungen SARS-CoV-2 für den neuen Coronavirus und Covid-19 für die dadurch ausgelöste Erkrankung sind in aller Munde. Wir lernen, was der Unterschied zwischen Erkältung, Grippe und Covid-19 ist und wie wir uns richtig die Hände waschen. Wir lernen, dass man in der Krise vor allem große Vorräte an Klopapier, Mehl und Seife, aber nicht unbedingt Bier benötigt. Aber wir lernen auch, was exponentielles Wachstum bedeutet und was es heißt, wenn eine Exponentialkurve nach rechts verschoben wird. Aber manche Dinge lernen wir nie. Fangen wir mit dem Einfachen an.
Händewaschen und Desinfektion
Artikel über das richtige Händewaschen findet man wie Sand am Meer. Das Schöne ist, dass handelsübliche Seife das beste Mittel gegen den Virus ist und sogar schneller wirkt als das übliche Desinfektionsmittel. [1] Wer also in Desinfektionsmittel investiert hat, hat sein Geld möglicherweise zum Fenster herausgeworfen. Leider immer noch eine viel zu milde Strafe dafür, dass wegen der Hamsterkäufe nun auch diejenigen, die auf Desinfektionsmittel angewiesen sind, keins mehr bekommen.
Erkältung, Grippe, Corona
Ich hatte in der vorletzten Woche einen Magen-Darm-Virus. So unschön das ist, war ich doch auch ein wenig froh, keinen Husten zu haben. Wenn man aber doch Husten bekommt, stellt sich die Frage: Erkältung, Grippe oder Corona? Dann ist es gut, die unterschiedlichen Symptome zu kennen. Und auch die anderen Unterschiede der drei Krankheiten. Einen guten Überblick gibt der Tagespiegel. [2]
Jetzt nicht egoistisch sein
Wer sich angesichts der aktuellen Entwicklung mit Massen an Klopapier, Nudeln oder Desinfektionsmitteln eindeckt, handelt egoistisch. Wer sich aber besonders entspannt gibt und nur daran denkt, dass er selbst vermutlich nur einen milden Verlauf zu erwarten hat, handelt ebenfalls egoistisch. Übertriebene Gelassenheit ist ebenso fehl am Platz wie Panik. Warum wir in Deutschland mehr Verständnis für die Gesundheit der Gemeinschaft brauchen, erläutert Silke Jäger bei Krautreporter. [3]
Umsatzrückgang beim gleichnamigen Bier?
Schon vor drei Wochen wurde berichtet, dass der Absatz des mexikanischen Bieres „Corona extra“ deutlich gelitten hat. Die Brauerei hat das bestritten. [4] In jedem Fall habe ich letzte Woche im Getränkemarkt die beiden letzten Flaschen bekommen. Vermutlich wurde bei den geschmacklosen Corona-Partys am letzten Wochenende auch Corona-Bier ausgeschenkt.
Exponentielles Wachstum ...
Herausfordernd ist die Entwicklung der Pandemie auch aus mathematischer Sicht. Wachstumsprozesse verlaufen exponentiell. Das ist bei Spargeld (dort sprechen wir vom Zinseszinseffekt) nicht anders als bei sich vermehrenden Hasen. Die meisten kennen die Fangfrage mit den Seerosen: Auf einem Teich sind ein paar Seerosen. Von Tag zu Tag verdoppelt sich die Fläche des Teiches, die von Seerosen bedeckt ist. Nach 14 Tagen ist schon der halbe Teich bedeckt. Wann ist der ganze Teich voller Seerosen? Wenn man spontan und unbedarft antwortet, neigt man vielleicht dazu, „nach weiteren 14 Tagen“ zu antworten. Natürlich ist es aber bereits nach einem Tag der Fall, denn dann hat sich die bedeckte Fläche erneut verdoppelt. So ist es auch bei der Entwicklung der Zahl der Infektionen oder der Todesfälle. Ansprechend dargestellt wird das bei der Süddeutschen. [5]
… und Rechtsverschiebung der Kurve
Was aber viel wichtiger ist: Bei der offiziellen Zahl der Infizierten gibt es einen deutlichen zeitlichen Verzug. Die Personen, die heute in der Statistik auftauchen, haben sich bereits vor ein oder zwei Wochen infiziert. Grafisch ergibt sich die Kurve der bekannten Infektionen aus der Kurve der tatsächlichen Infektionen – vereinfacht betrachtet – durch eine Rechtsverschiebung von mehreren Tagen. Das ist aber für eine Exponentialkurve gravierend. Die Zahl der tatsächlich Infizierten liegt bei einer offiziellen Zahl von 10.000 wahrscheinlich schon bei 30.000 oder 50.000 – oder noch höher. Warum das so bedeutsam ist, welche Länder damit gut oder weniger gut umgegangen sind und wie drastisch die Maßnahmen sein müssen, das wird hervorragend in einem Artikel auf Medium bzw. in deutscher Übersetzung auf Perspective Daily analysiert. Absolute Leseempfehlung! [6] [7]
Alles vorhergesehen
All das, was heute passiert, wurde bereits vor Jahren beleuchtet. Im Jahr 2012 hat die Bundesregierung eine Studie in Auftrag gegeben, in der die Folgen einer Pandemie untersucht wurde. Die Parallelen zu dem, was heute passiert, sind offensichtlich: Auch in der Studie wird ein Virus unterstellt, der seinen Ausgangspunkt in Asien hat. Er ist zwar gefährlicher als der aktuelle Coronavirus, aber die Untersuchungsergebnisse sind dennoch ebenso realistisch wie beängstigend: „Die medizinische Versorgung bricht bundesweit zusammen“. Weitere Erkenntnis: Die Krise wird uns über mehrere Jahre begleiten. [8]
Corona-Entschlüsselung auf dem heimischen Rechner
Um die genaue Beschaffenheit des Coronavirus zu entschlüsseln, werden auch immense Rechenkapazitäten benötigt. Hier kann jeder einzelne mithelfen und seinen heimischen Rechner dem Projekt Folding@Home zur Verfügung stellen. [9]
Was wir nicht gelernt haben
Wir haben immer noch nicht gelernt, endlich auf die Wissenschaft zu hören. Die Welt ist voller Leute, die es besser wissen. Das Verdienst von Twitter und Facebook ist es, endlich auch den Dummen eine Stimme gegeben zu haben. Whatsapp ist da nicht besser. So begegnet uns der Unsinn jeden Tag.
Es ist mit der Coronakrise wie mit der Klimakrise, nur schneller
Erst wird geleugnet, obwohl es bereits einen breiten wissenschaftlichen Konsens gibt.
Dann wird gemauert, obwohl die Notwendigkeit von Maßnahmen offensichtlich ist.
Dann wird mit dem Finger auf die Politiker gezeigt, weil sie zu spät gehandelt haben.
Dann wird gestorben.
Fußnoten
[1] Vox 11.03.2020
[2] Tagesspiegel 12.03.2020
[3] Krautreporter 06.03.2020
[4] Die Presse 29.02.2020
[5] Süddeutsche Zeitung 10.03.2020
[6] Medium 10.03.2020
[7] Perspective Daily 13.03.2020
[8] Tagesspiegel 12.03.2020
[9] Perspective Daily 06.03.2020