Meinung, Satire und Rätsel
Whatsapp, Gendern, Corona – manchmal habe ich das Bedürfnis, meine Meinung ausführlich niederzuschreiben. Und manchmal gefällt mir ein Rätsel, ein Satirebeitrag oder irgendetwas anderes so gut, dass ich es hier aufgreife.
Habe ich nur den Eindruck, oder steigt das Niveau der Berichterstattung derzeit an? Während die Medien in den letzten Jahren immer auf der Suche nach den meisten Klicks waren und sich daher wie die Getriebenen bemüht haben, ihre Meldungen immer schneller und dafür immer oberflächlicher zu verbreiten, findet man zum Thema Corona nun auch viele längere und gut recherchierte Artikel, in denen Zusammenhänge dargestellt werden. Nachvollziehbar: Wenn man als Journalist weiß, dass ein Thema auch nächste Woche noch aktuell ist, kann man sich durchaus etwas mehr Zeit lassen. Zumindest ist das mein Eindruck – hier meine zweite persönliche Presseschau.
Der Coronavirus hat die Welt im Griff, und wir lernen sehr viel dabei. Die Abkürzungen SARS-CoV-2 für den neuen Coronavirus und Covid-19 für die dadurch ausgelöste Erkrankung sind in aller Munde. Wir lernen, was der Unterschied zwischen Erkältung, Grippe und Covid-19 ist und wie wir uns richtig die Hände waschen. Wir lernen, dass man in der Krise vor allem große Vorräte an Klopapier, Mehl und Seife, aber nicht unbedingt Bier benötigt. Aber wir lernen auch, was exponentielles Wachstum bedeutet und was es heißt, wenn eine Exponentialkurve nach rechts verschoben wird. Aber manche Dinge lernen wir nie. Fangen wir mit dem Einfachen an.
Angela Merkel hat große Menschlichkeit bewiesen, als sie 2015 die Grenzen für verzweifelte Flüchtlinge geöffnet hat. Was aber jetzt auf dem Mittelmeer geschieht, ist unerträglich. Der Friedensnobelpreisträger EU lässt die Flüchtlinge einfach ertrinken, und EU-Mitgliedsstaaten kriminalisieren die Retter. Drei Quellen, die verstören:
Joko & Klass haben am 28.05.2019 fünfzehn Minuten Sendezeit von und bei Prosieben gewonnen, und es ist ihr großes Verdienst, dass sie diese Zeit nicht für Klamauk verwendet haben, sondern zur besten Sendezeit diejenigen zu Wort kommen ließen, die gehört werden sollten. Das hat Prosieben dazu gebracht, das Video entgegen der ursprünglichen Absicht dauerhaft zur Verfügung zu stellen. Die erste von drei kurzen Ansprachen hält Pia Klemp, Kapitänin und Seenotretterin. "Tagelang fuhr ich mit einem toten 2-jährigen Jungen in der Tiefkühltruhe in internationalen Gewässern auf und ab, weil kein europäisches Land ihn retten wollte, als es noch möglich war, und sie uns dann einen sicheren Hafen verwehrten. Seine Mutter war auch bei uns an Bord – lebendig." |
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Die taz bringt am 12.06.2019 ein Interview mit Martin Ernst, Seenotretter auf dem Mittelmeer, zur Situation im Rettungseinsatz. "Und dann passiert es, dass einer die Rettungsweste, die direkt vor ihm ist, nicht erreichen kann. Weil er nicht einen Brustschwimmzug hinkriegt. Der ertrinkt dann. Das ist kein lauter, schreiender Tod. Das ist ganz langsam. Die sind nicht direkt weg: Du siehst sie untergehen. Währenddessen hast du zwei andere rausgeholt. Aber du kannst halt nicht zaubern." |
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Schon vor einigen Monaten hat die New York Times in einem Video eine Hilfsaktion auf dem Mittelmeer rekonstruiert, bei der mindestens 20 Menschen ihr Leben verloren. Hier wird auch die zweifelhafte Rolle der libyschen Küstenwache dokumentiert. Das Video findet sich in einem Artikel vom 27.01.2019 auf Spiegel online mit deutschen Untertiteln. "Dieser Mann geht unter. Sein Leben hätte gerettet werden können, wenn die Libyer ihr Rettungsboot zu Wasser gelassen hätten. Sie behaupten, es sei kaputt. Sie werfen Rettungswesten. Das reicht aber nicht. Der Mann ertrinkt." |
Unerträglich, dass auf einer Pegida-Kundgebung des letzten Jahres skandiert wurde: "Absaufen! Absaufen!" (rp online, 16.07.2018)
Unerträglich, dass die EU zulässt, dass die libysche Küstenwache Menschen ertrinken lässt oder verschleppt.
Meine größte Anerkennung für die privaten Rettungsorganisationen, die dennoch in See stechen und Menschenleben retten. Eine davon stammt sogar aus Dresden, der Heimatstadt von Pegida: Mission Lifeline.
Vor anderthalb Jahren habe ich einen Text mit dem Titel „Whatsapp – nein danke!“ geschrieben. Seitdem ist viel passiert. Mittlerweile kennen wir das Ausmaß der Manipulation bei der Wahl von Trump oder der Brexit-Entscheidung zumindest ansatzweise, und der Name Cambridge Analytica ist wohl fast jedem geläufig. Mittlerweile überträgt Whatsapp ganz offen in großem Umfang Daten an Facebook. Und mittlerweile sind erste Ansätze für eine Zusammenlegung von Facebook und Whatsapp erkennbar. Das alles scheint niemanden zu interessieren: Ein kleines bisschen Bequemlichkeit hat für die meisten Nutzer immer noch die größere Bedeutung als der Schutz der eigenen Daten.
Weiterlesen: Ich bleibe dabei: Ich will kein Whatsapp auf meinem Handy!
Nach einem Bericht der FAZ kam Lord Bates, Staatssekretär im britischen Entwicklungshilfeministerium und Mitglied des Oberhauses, Ende Januar zwei Minuten zu spät zur Fragestunde. Daraufhin erklärte er dem Oberhaus, dass er zutiefst beschämt sei und deshalb zurücktreten werde. Erst die Premierministerin konnte ihn davon abhalten.
Einige Leser, die Ihre Meinungen unter dem Bericht äußern, haben offenbar die Botschaft nicht richtig verstanden. Lord Bates wollte stets den „höchstmöglichen Maßstäben von Höflichkeit und Respekt“ genügen. Aber einige der Leser, die Ihre Meinung kundtun, nutzen das positive Beispiel von Lord Bates nur, um ganz ohne Höflichkeit und Respekt auf die deutschen Politiker zu schimpfen. Lord Bates würde das sicher nicht gefallen.
Die FAZ hat den Bericht schon vor fast zwei Monaten geschrieben. Ich habe es leider nicht früher geschafft, diesen kleinen Artikel zu schreiben – werde aber dennoch nicht zurücktreten! (Wovon auch?)
Gar nicht so einfach, Satire von echten Nachrichten zu unterscheiden, insbesondere wenn es um unsere deutschen Großbaustellen geht. Als kleine Orientierungshilfe hier daher zwei absolut wahre Nachrichten.
Nach einem Bericht des Postillon, der bereits 2013 erschien, ist mittlerweile der Punkt erreicht, an dem es günstiger wäre, die gesamte Stuttgarter Innenstadt um 32 Meter anzuheben, als den neuen Tiefbahnhof wie geplant unterirdisch zu bauen. Leider wurde aber das damals erschienene Gutachten von den Verantwortlichen ignoriert und weiter daran gearbeitet, ein großes Loch für den Bahnhof zu graben.
In einem Artikel der FAZ geht es dagegen um den Berliner Flughafen. Da sich dort eine Menge Schrott angesammelt habe – die verwendete Technik ist ja schon einige Jahre alt – geht ein Lufthansa-Vorstand davon aus, dass es insgesamt günstiger ist, den ganzen Flughafen abzureißen und neu zu bauen. Vermutlich wird aber auch diese gewichtige Stimme ungehört verhallen.
Nach einem Bericht des Postillon hat die Deutsche Bahn eine herbe Niederlage vor Gericht hinnehmen müssen. Wie der Bundesgerichtshof entschieden hat, erfüllt der Winterfahrplan der Deutschen Bahn alle Voraussetzungen eines Glücksspiels. So hänge das Eintreffen eines Zuges ausschließlich vom Zufall ab.
Die vollständige Urteilsbegründung liegt offenbar noch nicht vor. Die Folgen werden weitreichend sein. Fraglich ist beispielsweise, ob die Lose (von der Deutschen Bahn Tickets genannt) weiterhin über das Internet und über Automaten verkauft werden dürfen.
In dem aktuellen Urteil spielten Nebenauslosungen offenbar keine Rolle. Das Thema "Wagenreihung" in Verbindung mit dem Zusatzlos "Sitzplatzreservierung" wurde vom Gericht nicht aufgegriffen. Knifflig wird auch die Frage der Süßigkeiten- und Getränkeautomaten sein, die von Fremdanbietern auf den Bahnsteigen betrieben werden. Zwar ist die Gewinnchance wesentlich höher als bei der Hauptauslosung der Deutschen Bahn, aber auch hier gewinnt nicht jedes Los.
Wenn ich mich in meinem Umfeld umsehe, stelle ich fest, dass ich fast der Einzige bin, der Whatsapp nicht nutzt. Das hat nichts damit zu tun, dass ich mit der Technik auf Kriegsfuß stehe. Das Gegenteil ist der Fall, ich beschäftige mich gerne mit neuen Anwendungen. Aber Whatsapp werde ich weiterhin nicht nutzen. Ich möchte mich weder der ungebremsten Datensammelwut von Facebook noch dem Druck, ein ganz bestimmtes Markenprodukt zu nutzen, unterwerfen.